Die Dosis macht das Gift

Können „Nicht-Gefahrstoffe“ tödlich sein?

Gefährliche Stoffe bzw. gefährliche Stoffe werden durch die CLP-Verordnung bzw. die Gefahrstoffverordnung definiert bzw. gemäß Einstufungskriterien beurteilt. Dies hat zur Folge, dass Gefahrstoffe aufgrund der Gefahrenklasse mit einem GHS-Gefahrenpiktogramm gekennzeichnet werden (z. B. GHS06 – „Totenkopf“). Ist es aber möglich, dass Stoffe, die nicht als gefährliche Stoffe oder Gefahrstoffe eingestuft sind, gesundheitsschädlich bzw. sogar tödlich sein können?

Kann Kochsalz tödlich oder gesundheitsschädlich sein?

Kochsalz wird nicht durch ein Gefahrenpiktogramm gekennzeichnet, da Kochsalz (bzw. chemisch „Natriumchlorid“) keinem Einstufungskriterium nach GHS bzw. CLP unterliegt. Kochsalz ist also nicht ätzend, giftig oder anderweitig eingestuft.

Ist ein Stoff nach der CLP-Verordnung (bzw. GHS) nicht als gefährlich eingestuft, ist immer noch möglich, das der Stoff als Gefahrstoff nach Chemikaliengesetz bzw. Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) definiert ist?

Im entsprechenden Kapitel hatten wir erkannt, dass der Begriff Gefahrstoffe weit über den Begriff gefährlicher Stoff hinausgeht. Allgemein gilt: Alle gefährlichen Stoffe sind immer auch Gefahrstoffe, aber nicht alle Gefahrstoffe sind auch gefährliche Stoffe. Es gibt beispielsweise Stoffe, die erst durch bestimmte „Umgebungsbedingungen“ „gefährlich“ werden. Kochsalz ist aber weder ein gefährlicher Stoff (nach CLP-Verordnung) noch ein Gefahrstoff (nach GefStoffV). Daher müsste von Kochsalz keine Gefährdung ausgehen, Kochsalz dürfte also weder gesundheitsschädlich noch tödlich sein.

In der Realität ist es ein bisschen komplexer. Betrachten wir beispielsweise das Arbeits-schutzgesetz, so werden hier „chemische, biologische und physikalische Gefährdungen“ erwähnt. Von einem Gegenstand können also durchaus Gefährdungen ausgehen, weil z.B. dieser Gegenstand eine scharfe Kante hat. Daher muss man sich vor allem bei Stoffen, die mit dem menschlichen Organismus in Kontakt treten, davon trennen, nur „gefahrstoffrechtliche“ Aspekte zu betrachten.

Ein weiteres Beispiel (anstelle von Kochsalz), wären Fette. Fette sind (v. a. als Energielieferanten) wichtige Bestandteile im menschlichen Organismus. Im Überfluss im menschlichen Organismus führen Fette auch zu gesundheitlichen Gefährdungen. Ebenso verhält es sich mit Kochsalz (Natriumchlorid). Kochsalz ist lebensnotwendig (v. a. ist Kochsalz für die Reizweiterleitung und die Regelung des Wasserhaushalts verantwortlich), im Überfluss kann es aber auch gesundheitsschädlich sein (eine hohe Salzkonzentration stört die osmotischen Vorgänge in Zellen). So kann ein erhöhter Salzgehalt im Körper zu „Wasserverlust“ führen. Damit die erhöhte Salzkonzentration außerhalb der Zelle ausgeglichen wird, wird den Zellen (durch Osmose) Wasser entzogen. Wird nun nicht ausreichend Wasser wieder hinzugeführt, kann Kochsalz sogar „toxisch bzw. tödlich“ wirken. Allerdings müsste man sehr viel Kochsalz zu sich nehmen, damit dieses „toxisch“ wirkt. Zudem gleicht ein normaler Mensch einen erhöhten Salzgehalt im Körper durch die Aufnahme von Wasser aus. Als „Faustregel“ kann man annehmen, dass 100 ml Wasser 1 g Kochsalz im menschlichen Organismus ausgleicht.

Wie in diesem Beispiel gezeigt, können auch „Nicht-Gefahrstoffe“ gesundheitsschädlich oder toxisch wirken. Die Betrachtung eines Stoffes unter dem Aspekt des „Gefahrstoffrechts“ ist eben nur ein „Aspekt“, weitere wären beispielsweise das „Gefahrgutrecht“ oder „Arbeitsrecht“.